Was „Leichte Sprache“ und Dolmetschen gemeinsam haben
Haben Sie sich nicht auch schon oft über Briefe von Ihrer Versicherung geärgert? Oder eine Webseite, auf der Sie etwas gesucht – in diesen Zeiten vielleicht Informationen zu Corona-Regeln – aber nur Bahnhof verstanden haben? Und finden Sie es nicht manchmal ungerecht, dass Texte oder Reden so kompliziert sind, dass sie ganz sicher nicht von allen Leser*innen oder Hörer*innen verfolgt werden können? So ging es mir. Und deshalb meldete ich mich beim Seminar des ADÜ für „Leichte Sprache“ an.
Denn ganz abgesehen von der eigenen Verärgerung oder Verwunderung über so manchen unverständlichen Text: Stellen Sie sich vor, Sie haben noch zusätzlich eine Leseschwäche, Lernschwierigkeiten, Stress, Demenz – oder Deutsch ist einfach nicht Ihre Muttersprache. Für all diese Bedarfsgruppen gibt es die „Leichte Sprache“ (und die „Einfache Sprache“ für die, die etwas anspruchsvollere Texte verstehen können). Und die will gelernt sein. „Leichte Sprache“, das heißt zum Beispiel: Keine abstrakten Schwurbeleien, keine Fremdwörter, keine Kettensätze. Stattdessen: Kurze Aussagen. Vereinfachte Inhalte. Erklärungen.
Und wir Dolmetscher*innen und Übersetzer*innen sind dank unserer Ausbildung prädestiniert für dieses Tätigkeitsfeld. Denn auch bei unserem Beruf geht es immer um die Suche nach dem Sinn, nach dem, was eigentlich gesagt werden soll, und um das, was der Redner damit erreichen will. Und auch wir fragen uns immer, wie man die Dinge am Besten formulieren sollte, damit der Zuhörer sie genau so versteht, wie sie in der Originalsprache gesagt wurden, also zielgruppengerecht.
Ausgehend vom Schweden der 1960er Jahre als „Lättläst“ sind unterschiedliche Formen „Leichter Sprache“ als „plain language“, „easy-to-read“, „Facile à Lire et à Comprendre“ (FALC) o. Ä. mehr heute weltweit verbreitet. Nur das Dolmetschen, also die mündliche Übertragung in „Leichte Sprache“, steckt noch in den Kinderschuhen. Aber vielleicht gibt es damit und im Sinne wahrhafter Barrierefreiheit irgendwann die Möglichkeit, weitere Hürden abzubauen und für mehr gesellschaftliche Beteiligung zu sorgen. I have a dream…